Fragestunde: Leistungskürzungen nach § 1a AsylbLG mit Blick auf die Unantastbarkeit der Menschenwürde

Frage 50 (21. März 2018)

Antwort der Parl. Staatssekretärin Anette Kramme auf die Frage der Abgeordneten Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Inwiefern ist die Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 10. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2187) geeignet, den Vorwurf der Verfassungswidrigkeit zu entkräften, den diverse Sozialgerichte (zum Beispiel das SG Altenburg (AZ: S 21 AY 3362/12 ER), SG Düsseldorf (AZ: S 17 AY 81/12 ER) und SG Lüneburg (AZ: S 26 AY 4/11) – mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 – erhoben hatten, als diese urteilten, dass Leistungskürzungen nach § 1a AsylbLG – mit Blick auf die Unantastbarkeit der Menschenwürde – dann verfassungswidrig sind, wenn das Instrument der Leistungskürzung als Druckmittel gegen Schutzsuchende eingesetzt wird?

Die zitierte Änderung des § 1a AsylbLG hat dazu geführt, dass seit 1. März 2015 Familienangehörige nur noch dann Adressaten einer Leistungseinschränkung nach dem AsylbLG sein dürfen, wenn sie selbst die Voraussetzungen der Leistungseinschränkung verursacht haben. Die Neuregelung gewährleistet insbesondere, dass die Leistungsansprüche von Kindern aufgrund eines ausländerrechtlichen Fehlverhaltens ihrer Eltern nicht mehr gekürzt werden.

Aus dem Urteil des BVerfG vom 18. Juli 2012 zieht die Bundesregierung – anders als ofenbar die zitierten untergerichtlichen Entscheidungen – nicht den Schluss, dass Leistungskürzungen wegen verletzter und zumutbarer Mitwirkungsobliegenheiten generell unzulässig wären. Vielmehr geht die Bundesregierung – wie im Übrigen auch das Bundessozialgericht (vergleiche Urteil des BSG vom 12. Mai 2017 – B 7 AY 1/16 R, Rn. 27 f. – zitiert nach Juris) – davon aus, dass es dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich erlaubt ist, die Gewährung existenzsichernder Leistungen an die Einhaltung zumutbarer gesetzlicher Mitwirkungsobliegenheiten zu knüpfen und bei deren Verletzung auch leistungsrechtliche Minderungen vorzusehen.