Mündliche Frage zur Gleichbehandlung von muslimischen Soldatinnen und Soldaten

Plant die Bundesregierung eine Änderung der allgemeinen Regelung A-2641/4 „Fürsorge in Todesfällen“, um eine Gleichbehandlung von muslimischen Soldatinnen und Soldaten bei der Unterstützung und Kostenübernahme im Falle der Bestattung zu gewährleisten, und wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Kostenübernahme, insbesondere für Leichentücher, keinen Ausnahmefall darstellt (vergleiche www.sueddeutsche.de/politik/bundeswehr-auslandseinsatzmuslime-1.5198733)?

Thomas Silberhorn, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung:

Vielen Dank, Herr Präsident. – Die Kostenübernahme ist schon jetzt im Sinne der Fragestellung kein Ausnahmefall. Insofern ist eine Änderung der bestehenden Regelung „Fürsorge in Todesfällen“ zur Erreichung einer Gleichbehandlung von Angehörigen aller Glaubensrichtungen nicht erforderlich.

Diese Vorschrift sieht die Übernahme von Kosten der Überführung und Bestattung verstorbener Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in würdiger Form und unabhängig von der Religionszugehörigkeit vor. Soweit die Umstände, insbesondere bei Todesfällen im Auslandseinsatz, es zulassen, werden dabei religiöse Einstellungen der verstorbenen Soldatinnen und Soldaten beachtet, sofern sie bekannt sind.

Ein aus religiösen Gründen zu verwendendes Leichentuch ist dabei grundsätzlich erstattungsfähig. Die Ausgaben für eine ortsübliche und angemessene Beisetzung sowie die Einrichtung eines Ehrengrabes im Falle einer oder eines Einsatztoten trägt die Bundeswehr.

Unabhängig von einer etwaigen Religionszugehörigkeit gilt die Regelung im Todesfall. Das heißt, es ist nicht vorgesehen, dass nach dieser Vorschrift schon im Vorgriff auf eine potenzielle Lebensgefahr Kosten übernommen werden, weil eine Soldatin oder ein Soldat bereits Vorkehrungen für das eigene Ableben getroffen hat.

Bisher sind dem Bundesministerium der Verteidigung keine problematischen Fälle bekannt geworden. Wir nehmen aber Ihre Frage, Frau Abgeordnete, zum Anlass, die Vorschrift zu überprüfen und insbesondere zu überlegen, ob wenigstens eine Klarstellung für die Zukunft hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Leichentüchern sinnvoll ist.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank. – Frau Kollegin Polat, Sie haben eine Nachfrage. Bitte schön.

Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Herr Präsident. – Anlass meiner Frage war der Fall der Bundeswehrsoldatin Nariman Hammouti. In der Presse wurde über den Fall berichtet, unter anderem in der „Süddeutschen Zeitung“ unter dem Titel „Das weiße Tuch im Koffer“. Der Fall scheint Ihnen ja auch bekannt zu sein. Zumindest hat das Bundesverteidigungsministerium in diesem Artikel entsprechend Stellung genommen.

Ich weiß von der Soldatin selbst, dass sie über ein halbes Jahr versucht hat, herauszufinden, ob sie ihr Leichentuch, was sie besorgen musste, weil sie auf die UNMission in den Sudan geht, selber besorgen muss – Särge werden ja zur Verfügung gestellt – und ob die Kosten übernommen werden. Letztendlich hat dann ihr Vorgesetzter aus seinem Handgeld diese Kosten übernommen.

Ich entnehme Ihrer Antwort, dass in Anbetracht dessen, dass wir 3 000 muslimische Soldatinnen und Soldaten haben, eine Gleichbehandlung und keine Zweiklassensituation von gläubigen Soldatinnen und Soldaten erfolgt. Heißt das, die entsprechende Regelung, nach der ich gefragt habe, wird entsprechend angepasst – –

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss.

Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– für alle Glaubensangehörigen in der deutschen Bundeswehr?

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Thomas Silberhorn, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung:

Frau Kollegin, wie ich schon ausgeführt habe, gibt es keine Zweiklassenbehandlung. Es gibt eine Gleichbehandlung aller Angehörigen der Bundeswehr. Die Kostenübernahme erfolgt aber erst im Todesfall und nicht im Vorgriff für Vorbereitungshandlungen dazu. Es ist allerdings sinnvoll, wenn Soldatinnen und Soldaten beispielsweise in Form eines Testaments festlegen, dass im Falle einer Bestattung beispielsweise besondere religiöse Riten eingehalten werden müssen. Dann kann man diese auch beachten und dem nachkommen.

Wir haben im Übrigen eine sogenannte Trauerfeierund Begräbnisausstattung für Todesfälle bei Übungen oder einsatzgleichen Verpflichtungen und bei Einsätzen im Ausland. Die Überprüfung wird sich insbesondere darauf beziehen, ob diese Ausstattung nicht auch um Leichentücher ergänzt werden kann.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank. – Sie haben eine weitere Nachfrage, Frau Kollegin Polat. Bitte schön.

Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Danke, Herr Präsident. – Ähnlich verhält es sich aus meiner Sicht mit der islamischen Seelsorge. Ich frage regelmäßig in schriftlichen Fragen dazu nach. Ich möchte aus der Antwort auf eine schriftliche Frage aus dem Februar 2021 zitieren. Auf die Frage, wann die muslimische Seelsorge in der Bundeswehr sichergestellt wird, heißt es:

Das Bundesministerium der Verteidigung prüft …

weiterhin alternative Möglichkeiten, ein seelsorgerliches Betreuungsangebot für Muslime in den Streitkräften zu schaffen.

Bis zum erfolgreichen Abschluss dieser Prüfung wird Seelsorge durch externe islamische Geistliche bei Bedarf durch die Zentrale Ansprechstelle für Vielfalt am Zentrum Innere Führung ermöglicht.

Sie haben ja gerade ausgeführt, dass das – externe Seelsorge – derzeit der Fall ist. Aber Sie prüfen nach wie vor alternative Möglichkeiten. Welche alternativen Möglichkeiten sind es, die Sie prüfen?

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Staatssekretär, bitte.

Thomas Silberhorn, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung:

Frau Abgeordnete, weil wir vor dem Problem stehen, dass es für Angehörige muslimischen Glaubens keinen zentralen Ansprechpartner in Deutschland gibt, wird eine institutionalisierte Form der Seelsorge schwierig.

Mit wem wollte man sie vereinbaren? Deswegen denken wir eher darüber nach, individualisierte Beziehungen mit geeigneten Geistlichen zu organisieren. Dies ist bereits heute möglich. Wenn die Soldaten und Soldatinnen, die Bedarf nach einer seelsorgerlichen Begleitung und Beratung haben,

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Prüfen Sie alternative Möglichkeiten!)

dies auch kundtun und anmelden, dann kann dies heute schon organisiert werden. Es würde uns möglicherweise dabei helfen, das in einem breiteren Rahmen aufzusetzen, damit mehr Soldatinnen und Soldaten davon auch Gebrauch machen können.