Schriftliche Fragen zu Rückforderungen gegenüber Verpflichtungsgebern

Fragen Filiz Polat MdB

1. Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass bei Rückforderungen gegenüber Verpflichtungsgebern gemäß § 68 AufenthG (siehe) auch die Perspektive der Verpflichtungsgeber beachtet wird, und gibt es Überlegungen seitens der Bundesregierung eine Lösung ggf. gemeinsam mit den betroffenen Bundesländern im Sinne der Verpflichtungsgeber zu finden (siehe)?

2. Welche Hinweise sind seitens der Bundesregierung gegenüber den nachgeordneten Leistungsbehörden zu der Thematik der Rückforderungen gegenüber Verpflichtungsgebern gemäß § 68 AufenthG nach dem Urteil des BVerwG im Januar 2017 (BVerwG 1 C 10.16) erfolgt?

 

Antworten des Bundesministeriums des Innern

Zu 1.

Mit dem am 6. August 2016 in Kraft getretenen Integrationsgesetz wurde § 68 Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) neu gefasst. Danach gilt für Verpflichtungsgeber die Erstattungsverpflichtung grundsätzlich nur noch für einen Zeitraum von fünf Jahren. Für Verpflichtungserklärungen, die vor dem 6. August 2016 abgegeben wurden, gilt nach der Übergangsvorschrift des § 68a AufenthG eine Erstattungsverpflichtung nur für einen Zeitraum von drei Jahren, jeweils ab der durch die Verpflichtungserklärung ermöglichten Einreise des Ausländers. Sofern die dreijährige Frist zum 6. August 2016 bereits abgelaufen war, endete die Verpflichtung zur Erstattung öffentlicher Mittel mit Ablauf des 31. August 2016. Diese Neuregelung wurde gerade zugunsten der Verpflichtungsgeber geschaffen, um deren Belastungen durch die Verkürzung der Dauer der Einstandsverpflichtung geringer zu halten.

Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und das Gebot, bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten (vgl. § 6 Absatz 1 des Haushaltsgrundsätzegesetzes), verlangen in der Regel, dass die öffentliche Hand ihr zustehende Geldleistungsansprüche durchzusetzen hat. Bei atypischen Gegebenheiten ist von der jeweils zuständigen Behörde im Wege des Ermessens zu entscheiden, ob und in welchem Umfang der Anspruch geltend gemacht wird, welche Zahlungserleichterungen dem Verpflichteten etwa eingeräumt werden oder ob aus Billigkeitserwägungen im Einzelfall von der Durchsetzung der Forderung aus einer Verpflichtungserklärung abgesehen wird.

Sollte die Aufnahmeentscheidung getroffen worden sein trotz des im Einzelfall fehlenden Nachweises, dass die Aufwendungen für den Lebensunterhalt des Schutzsuchenden durch den jeweiligen Verpflichteten bei Eintritt aller Eventualitäten getragen werden können, könnte die für die Aufnahmeentscheidung zuständige Behörde - ebenso wie der Verpflichtete - eine Risikoentscheidung getroffen und damit das mit der Einreise und dem Aufenthalt der Schutzsuchenden verbundene Kostenrisiko gleichsam mitübernommen haben. Aufgrund dieses besonderen Umstandes wäre bei der Heranziehung zu Erstattungsleistungen im Ermessenswege zu prüfen, ob es unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist, dass die finanziellen Folgen dieser Risikoentscheidung allein von den Verpflichteten getragen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998, Az. 1 C 33/97). Für die Übernahme der Kosten durch den Bund besteht keine rechtliche Grundlage.

Zu 2.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 26. Januar 2017 (1 C 10/16) entschieden, dass eine in Verbindung mit einer Landesaufnahmeanordnung abgegebene Verpflichtungserklärung, die eine Einreise nach § 23 Absatz 1 AufenthG ermöglichen soll, nicht durch nachfolgende Anerkennung des Begünstigten als Flüchtling und Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG erlischt. So- fern mit den hier angesprochenen „nachgeordneten Leistungsbehörden“ Jobcenter, die in Form einer gemeinsame Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit (BA) und kommunalen Trägern geführt werden, gemeint sein sollten, hat sich durch das genannte Urteil des BVerwG kein Bedarf für neue oder geänderte Hinweise ergeben (vgl. Fachliche Weisungen der BA zu § 7 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, Rn. 7.50 ff). Für Jobcenter, die als zugelassene kommunale Träger geführt werden, kann mangels Zuständigkeit der Bundesregierung keine Aussage getroffen werden. Insoweit obliegt die Aufsicht den Ländern.