Pressemeldung Nr. 305 vom

Wahlrecht Filiz Polat: Viel weiße Salbe für nichts

Union und SPD haben endlich ihren Gesetzentwurf zur längst überfälligen Anpassung des Wahlrechts zur Bundestagswahl eingebracht. Dazu kommentiert Filiz Polat: „Die Koalition hat durch ihre jahrelange Blockade beim Wahlrecht wichtige Zeit verschwendet und legt jetzt kurz vor Ende der Wahlperiode einen ausgekungelten Minimalkompromiss vor, der den Deutschen Bundestag nicht substanziell verkleinern und das Ergebnis der nächsten Bundestagswahl zugunsten einzelner Parteien verzerren wird.“

Mit dem Wahlergebnis von 2017 würde der Bundestag mit dem vorgeschlagen Modell der Großen Koalition immer noch weit über seiner Sollgröße von 598 liegen, so die Abgeordnete. Noch eklatanter wären die Auswirkungen, wird das Rechenmodell mit den aktuellen Zahlen gerechnet: dann hätte der Bundestag 763 Mandate.

Darüber hinaus kritisiert die Obfrau im Innenausschuss der Fraktion Bündnis 90/Grüne, Filiz Polat, dass die Koalition das Thema Wahlalter 16 und „Mehr Frauen in das Parlament“ in eine Kommission schieben will: „Niemand braucht jetzt eine weitere Reformkommission, die bis zum Ende der kommenden Wahlperiode zum Wahlalter und zur Parité arbeiten soll. Bereits jetzt liegt dem Bundestag ein abstimmungsreifer Gesetzentwurf meiner Fraktion zur Absenkung des Wahlalters auf 16 vor, genauso ein Gesetzentwurf von Grünen, Linken und FDP zum Thema Parität.“

Jeden Tag stellen junge Menschen unter Beweis, dass sie bereit sind, Verantwortung für sich und die Gesellschaft zu übernehmen. Es gäbe keinen nachvollziehbaren Grund, ihnen die Möglichkeit das Wahlrecht auszuüben, länger zu verweigern, so Polat.

Hintergrund:

Wird das Bundestagswahlergebnis von 2017 als Grundlage genommen, würden durch die Wahlrechtsreform der Koalition gerade mal 23 Mandate gegenüber der aktuellen Größe von 709 Abgeordneten eingespart werden. Bei einem Bundestagswahlergebnis entsprechend der Umfragen vom 23.01.2020 würde der Bundestag durch die Wahlrechtsreform der Koalition auf 798 Mandate anwachsen. Bei einem Ergebnis nach der neuesten Umfrage vom 03.09.2020 wären es immer noch ganze 763 Mandate. Unsere Berechnungen basieren auf Umfragen von Infratest-Dimap für das Zweitstimmenergebnis der Parteien und den Prognosen von election.de für das Erststimmenergebnis in den Wahlkreisen. Daraus ergeben sich Überhangsmandate und Ausgleichsmandate.  Zudem wurde das nun modifizierte Sitzkontingentsverfahren aus dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen in unsere Berechnung ebenfalls erfasst.

Umfragen und Prognosen können Ungenauigkeiten beinhalten und keinesfalls kann das kommende Bundestagswahlergebnis und damit die Größe des Bundestages vorhergesagt werden. Die Umfragen können aber eine klare Tendenz widergeben, mit welcher Bundestagsgröße gerechnet werden muss. Sie haben damit eine klare Aussagekraft, welche Reformvorschläge die Größe des Bundestages wirksam begrenzen können und welche dafür ungeeignet sind. 

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