Auf Einladung des Beauftragten der Bundesregierung gegen Antiziganismus und für das Leben der Sinti und Roma, Dr. Mehmet Daimagüler, sowie der Antiziganismusbeauftragten und Justizministerin des Freistaats Thüringen, Doreen Denstädt, nimmt die Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen aus Bramsche, Filiz Polat, an einer Bund-Länder-Delegation nach Auschwitz teil. Anlass der Gedenkreise ist der Europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma.
Filiz Polat: „Das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ist das Symbol für das größte Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts. Daher ist es wichtig, genau hier und immer wieder an das Schicksal der Millionen Menschen zu erinnern, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Neben sechs Millionen Jüdinnen und Juden waren darunter auch bis zu 500.000 Sinti und Roma.“
Die in Auschwitz inhaftierten Sinti und Roma sollten bereits im Mai 1944 ermordet werden, leisteten aber erheblichen Widerstand, sodass die Vernichtungsaktion abgebrochen werden musste. Nachdem ein Großteil der Häftlinge daraufhin in andere Konzentrationslager verteilt wurde, wurden in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 die letzten 4.300 im sogenannten ‚Zigeunerlager‘ noch lebenden Sinti und Roma in den Gaskammern ermordet – die meisten waren Frauen, Kinder, Alte und Kranke.
Polat: „Es ist und bleibt unsere Verantwortung, die Verbrechen der Nationalsozialisten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Daher ist es wichtig, auch und vor allem mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. Geschichte darf sich nicht wiederholen, die Erinnerung muss gelebt werden.“
Polat warnt daher davor, Erinnerung als routiniertes und standardisiertes Verfahren abzuarbeiten. „Wir müssen diese Erinnerung mit in unseren Alltag nehmen. Auch heute ist Antiziganismus noch an der Tagesordnung – auf der Straße und in den Behörden. Gerade Sinti und Roma werden diskriminiert, ausgegrenzt und vorverurteilt – allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit. Einer in Deutschland national anerkannten Minderheit, die hier seit Jahrhunderten lebt, mit eigener Sprache, Kultur, Geschichte und Identität. Sinti und Roma haben die Kultur maßgeblich mit geprägt und gestaltet. Aufklärungsarbeit ist und bleibt daher wichtig, genauso wie die kritische Reflexion der Geschichte und ihrer Kontinuitäten.“
Polat bekräftigt daher den Appell des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma nach Aufarbeitung der Unrechtsgeschichte der Polizei im NS-Staat und nach 1945. Die rassistische und antiziganistische Sondererfassung und Kriminalisierung von Sinti und Roma durch die Polizei wirke bis heute nach und müsse beendet werden. Das Bundeskriminalamt sei mit der Unterzeichnung der Antiziganismus-Definition der Internationalen Holocaust Erinnerungsallianz IHRA einen wichtigen Schritt gegangen. Nun müssten die Innenminister*innen der Bundesländer nachziehen.
In ganz Europa wurden bis zu 500.000 Sinti und Roma von den Nationalsozialisten ermordet. Zur Erinnerung an diesen Völkermord hat das Europaparlament im Jahr 2015 den 2. August zum Europäischen Gedenktag erklärt. Polat nimmt im Namen ihrer Bundestagsfraktion unter anderem an der zentralen Gedenkfeier des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma teil und besucht das Auschwitz-Museum, wo sie mit Holocaustüberlebenden sowie mit jungen Angehörigen der Minderheit ins Gespräch kommen wird.